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Zukunftszeugen VI - Fritz Vahrenholt
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Fritz Vahrenholt
2. Politische Konsequenzen (1): Neue Allianzen


Und was muss geschehen, damit jetzt diese Erkenntnis durchsickert?

Dazu gibt es natürlich viele Player, die wir brauchen. Da ist zum einen natürlich die internationale Staatengemeinschaft, die langsam, aber immerhin doch auf Touren kommt. Ich denke zum Beispiel an den Kyoto-Prozess. Dazu gehören natürlich die großen industriellen Player. Dazu gehört Daimler Benz, dazu gehören die großen Energieversorger wie BP und Shell, die gelernt haben, dass sie mehr als nur Benzin zu verkaufen haben, sondern dass sie sich mit Zukunftsenergien zu beschäftigen haben. Das erwarten die Kunden von ihnen. Und drittens ist eine Rolle natürlich bei den NGOs zu sehen, die die Anforderungen künftiger Generationen aber auch von Stimmen, die sich nicht so durchsetzen können - beispielsweise der Entwicklungsländer - formulieren und einfordern können.

Kann es sein, dass sich diese Player manchmal auch gegenseitig behindern?

Ja natürlich, das ist ja nicht widerspruchslos. Die Staaten haben unterschiedliche Interessen. Denken Sie an die Vereinigten Staaten von Amerika, die ja das CO2-Problem, das Kohlendioxid-Problem, die Klimaveränderung, mehr oder weniger auf die leichte Schulter nehmen, bis heute Kyoto noch nicht ratifiziert haben. Dann gibt es Wettbewerb zwischen den Staaten. Das gibt es natürlich auch auf der Industrieseite, da gibt es die kurzfristigen Gewinninteressen und langfristigen Interessen von klugen Unternehmen, die in 30 Jahren noch Spitzenpositionen haben wollen. Die stellen sich jetzt schon darauf ein. Beispielsweise setzen Shell und BP auf Photovoltaik, auf Solarenergie. Und bei den NGOs ist ja auch nicht alles das, was Greenpeace macht, zu unterschreiben. Unternehmen müssen hinhören, was Greenpeace sagt, aber nicht alles tun, was Greenpeace sagt. Das haben wir auch aus "Brent Spar" gelernt. Man muss nicht glauben, dass NGOs, nur weil sie keine eigenen Interessen formulieren, immer Recht haben. Das trifft auch nicht zu.

Also, man muss versuchen, Foren zu finden, Plattformen zu schaffen, auf denen diese Player neue Allianzen eingehen können. Gerade, weil die Staatengemeinschaft, die Nationalstaaten, an Handlungseinfluss verlieren, davon bin ich fest überzeugt. Das ist ja spürbar, es entstehen Vakuen. Um die von mir genannten Probleme zu lösen, glaube ich schon, dass die Allianz zwischen Unternehmen und Multis eine zunehmende Bedeutung bekommt.

Können Sie einige Beispiele nennen, wo diese Allianzen schon sehr gut funktionieren?

In Peru wurde eines der größten Gasvorkommen entdeckt und die peruanische Regierung hat das genehmigt, und damit war der Vorgang eigentlich beendet. Aber leider war dieses Gasvorkommen mitten im Urwald. Und da waren es die NGOs, die da ankamen und sagten, das ist aus Umweltschutzgründen nicht realisierbar. Und Shell hat mit den NGOs einen Dialog begonnen, hat sich aufschreiben lassen: Wann wäre es denn "sustainable" , ein nachhaltiges Projekt? Und da kam eine Reihe von Forderungen, die dann aufgestellt wurden, die das Projekt so viel teurer gemacht haben, dass hinterher der Staat Peru gesagt hat, unter diesen Bedingungen vergeben wir das Projekt gar nicht mehr an Shell.

Das Ergebnis war außergewöhnlich, dass dann die NGOs gefordert haben, so, nur so, wie das jetzt von uns gemeinsam mit dem Konzern entwickelt worden ist, so akzeptieren wir das und verlangen von dem Staat, dass er auf die Umweltbelange eingeht. Also da gibt es neue Allianzen, die teilweise weitsichtiger sind, als das kurzfristige Interesse von Nationalstaaten, das ja immer wieder auch von dem kurzfristigen vierjährigen Wahlzyklus geprägt ist. Staaten schauen über diesen Tellerrand oft nur selten hinaus.

Wie könnte diese weitsichtige Allianz stärker institutionalisiert werden?

Also ich bin nicht dafür, neue Organisationen zu schaffen. Dazu gibt es eine heute schon erkennbare Vernetzung weltweit. Die NGOs sind vernetzt und natürlich die Unternehmen auch und leider sind zwischen den beiden Welten zu wenige Verbindungskanäle. Aber Sie können davon ausgehen, dass Großunternehmen das sehr genau beobachten. Und ich bin sehr sicher, dass NGOs unsere Webseiten und Kommunikation auch sehr genau verfolgen: Was haben die vor. Es gibt sozusagen ohne, dass man sich das gegenseitig eingesteht, ein gegenseitiges Beobachten. Und das ist ja immer schon der erste Schritt zur Kooperation. Zumindest zur begrenzten Kooperation. Man darf die Rollen nicht ununterscheidbar machen. Die Greenpeaces dieser Welt müssen ihre Rolle behalten. Und wir müssen natürlich darauf achten, dass wir Unternehmenswerte schaffen. Sonst funktioniert das auch nicht mehr. Aber wir können uns heute nicht mehr auf Nationalstaaten alleine verlassen. Investitionen in der Energiewirtschaft ragen über zehn, zwanzig Jahre hinaus. Ich denke da zum Beispiel an die Kernenergie. Die Zukunft der Kernenergie können Sie heute nur dann garantieren, wenn Sie sicher gehen, dass in zehn Legislaturperioden die Regierung auch tatsächlich zu dem steht, was sie dann einmal gesagt hat. Kernkraftwerke müssen noch zehn mal vier Jahre lang das überstehen. Sie müssen also gesellschaftlichen Konsens herbeiführen. Das hat man damals in den 70er Jahren nicht für nötig befunden seitens der Energieversorger und daran scheitert einfach das Projekt in Deutschland jetzt.

Also insofern gibt es eine Reihe von Beispielen, wo das funktionieren könnte. Ich könnte mir das in der Biotechnologie vorstellen. Es gibt bestimmt Projekte auch der Grünen Gentechnologie, die so attraktiv sind, dass man auch auf der NGO-Seite sagen müsste, das kann man nicht einfach vor der Hand grundwegs ablehnen.

An was denken Sie da konkret?

Zum Beispiel gibt es die Möglichkeiten, in Reis Vitamin A zu implementieren. Das würde zigtausenden von Kindern ersparen, blind zu werden. Es würde Millionen von Menschen ein gesünderes Leben ermöglichen, denn die, die sich nur von Reis ernähren, haben eben eine Vitamin-A-Schwäche. Das sind Punkte, die viel besser geeignet sind, Biotechnologie positiv zu sehen, als eine Matschtomate oder ein Genmais. Das interessiert keinen. Da sagen die Leute, wofür brauche ich das?

Stellen wir uns vor, dieser Reis würde in beipielsweise Vietnam kostenlos zur Verfügung gestellt, und die Blindenstatistik spricht eine eindeutige Sprache. Da bin ich mal gespannt, wie die Diskussion mit den NGOs ausgeht. Aber ein solches Projekt zu machen ohne die Diskussion mit den NGOs ist das sichere Ende des Projektes.


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Last Modified: 2002-04-23

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